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„Ein Förderangebot, das Kontakt zu Nachwuchs-Talenten herstellt und der Gesellschaft guttut.“

Carla Sievers, Leiterin der Stabsstelle Universitätsförderung der TU Kaiserslautern und Fundraising-Referent Marc Heinbücher der Goethe-Universität Frankfurt, erzählen, warum „Corporate Social Responsibility“ nicht im Marketing steckenbleiben sollte.

Carla Sievers, Leiterin der Stabsstelle Universitätsförderung der TU Kaiserslautern und Fundraising-Referent Marc Heinbücher der Goethe-Universität Frankfurt, erzählen, warum „Corporate Social Responsibility“ nicht im Marketing steckenbleiben sollte.

Frau Sievers, Herr Heinbücher, Sie stehen als Programmverantwortliche für das Deutschlandstipendium an der TU Kaiserslautern beziehungsweise an der Goethe-Universität Frankfurt in engem und regelmäßigem Austausch mit bestehenden und potenziellen Fördernden. Was motiviert Fördernde sich für junge Talente einzusetzen?

Carla Sievers:  Je nachdem, ob es sich um Stiftungen, um Vereine, Verbände, Unternehmen oder Privatpersonen handelt, sind die Motive, sich für junge Talente einzusetzen, unterschiedlich. Für Privatpersonen ist es oft eine Herzensangelegenheit, da sie entweder etwas zurückgeben wollen, weil sie selbst gefördert oder gerade weil sie selbst nicht in diesem Maße von anderen Menschen gefördert und unterstützt wurden. Viele der Privatfördernden schätzen auch die Gelegenheit, mit begabten, engagierten jungen Studierenden zusammenzukommen. Für Unternehmen ist ein Hauptgrund häufig die Suche nach neuen Talenten und damit die Akquise von Fachkräften. In den vergangenen Jahren hat sich auch gezeigt, dass ehemalige Studierende, Alumni der TU Kaiserslautern, die jetzt erfolgreich in Unternehmen arbeiten, den Nachwuchs an ihrer ehemaligen Uni fördern wollen und so den Kontakt mit der Hochschule halten. Die Verbundenheit mit der Universität spielt für viele Menschen in Kaiserslautern und der Region ohnehin eine große Rolle. Viele arbeiten oder studieren an der TU und auch Menschen aus deren Umfeld möchten das Deutschlandstipendium und damit die Uni und ihre Studierenden unterstützen.

Marc Heinbücher: Bei uns an der Goethe-Universität Frankfurt ist das alles sehr ähnlich. Die Fördernden-Motivationen sind wie von Frau Sievers erwähnt, unterschiedlich, individuell, und vielschichtig. Unternehmen interessieren sich sehr für die Nachwuchsgewinnung und fördern deshalb das Deutschlandstipendium. Stiftungen können durch die Förderung ihren manchmal jahrhundertealten Stiftungszweck in einen gesellschaftlichen Beitrag zur Gestaltung von Gegenwart und Zukunft transferieren. Etwas ältere Privatfördernde freuen sich, wenn sie den eigenen Erfahrungsschatz und das eigene Netzwerk Studierenden zur Verfügung stellen können und den Draht zu jungen Menschen nicht verlieren. Zudem haben diejenigen, die privat fördern, häufig auch die Intention, junge Talente zu unterstützen, die eine ähnliche Biografie wie sie selbst aufweisen oder ähnliche biografische Hürden zu überwinden hatten. Einige fördern aber auch einfach aus dem Bewusstsein für gute Bildung heraus.

Was verstehen Sie jeweils unter dem Begriff Corporate Social Responsibility, der mit unternehmerischer Sozialverantwortung übersetzt werden kann?

Marc Heinbücher: Unternehmen sind nicht autark, sie können nicht allein existieren, sondern sie sind ein Teil der Gesellschaft. Daher ist es meines Erachtens unerlässlich für sie, dass sie mit und in der Gesellschaft wohlwollend interagieren. Sie sollten deshalb Verantwortung übernehmen, weil sie menschliche und materielle Ressourcen von dieser Gesellschaft benötigen. Es ist in ihrem eigenen Interesse mit diesen schonend und nachhaltig umzugehen. Hätten Unternehmen nicht erkannt, wie wichtig unternehmerische Sozialverantwortung ist, hätten sich sicherlich nicht im Laufe der Zeit ganze Abteilungen gebildet, die sich mit diesem Thema befassen. Insofern ist es offensichtlich, dass Corporate Social Responsibility für die Außenwirkung der Unternehmen ein ganz entscheidender Faktor ist. Wichtig ist, dass das Anliegen nicht im Marketing stecken bleibt, sondern im Tun mündet. Die Idee der Verantwortung zieht sich von der Verantwortung für die Mitarbeitenden, für Lieferketten, für Lieferanten und Kunden bis hin zu der Verantwortung für das Unternehmen umgebende Umfeld, in die Stadt, in die Kommune, in die Vereine hinein. Gerade erfolgreiche Unternehmen sollten meines Erachtens ihren Erfolg als Verantwortung in die Gesellschaft spiegeln.

Carla Sievers: Ich kann dem noch hinzufügen, dass die Unternehmen als Teil der Gesellschaft auch mit uns Universitäten verbunden sind. Nicht selten gibt es auch gemeinsame Forschungsprojekte. All diese Querverbindungen, die Herr Heinbücher schon richtig hergestellt hat, kann und sollte ein Unternehmen bewusst und positiv gestalten. Umgekehrt lebt der Erfolg des Förderprogramms auch von der engagierten und zuverlässigen Kommunikation der Universität mit den fördernden Unternehmen.

Wie trägt das Deutschlandstipendium genau zur unternehmerischen Sozialverantwortung bei? 

Carla Sievers: Das Deutschlandstipendium trägt dazu bei, besonders talentierte und engagierte junge Leute an Unternehmen heranzuführen und niedrigschwellige Kontakte zu ermöglichen. Das gelingt jedes Jahr zum Beispiel auf unserem Deutschlandstipendium-Sommerfest mit den Fördernden und Stipendiatinnen und Stipendiaten. Das Fest wird bewusst locker gehalten, es gibt Biertische und Barbecue. Hier werden schnell weitergehende Kontakte geknüpft. Ein Beispiel wäre, dass Stipendiatinnen und Stipendiaten, die etwa einer Stiftung zugeordnet wurden, auch Führungskräfte und Personalverantwortliche von Unternehmen kennenlernen können. Darüber hinaus fördern Veranstaltungen wie diese insgesamt die Netzwerkbildung zwischen Fördernden, Studierenden, Universitätsleitung und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. 

Marc Heinbücher: Aus Unternehmenssicht ist das Deutschlandstipendium ganz klar ein Einstieg in die unternehmerische Sozialverantwortung. Ein Unternehmen kann nicht nur zu jungen Talenten Kontakt aufnehmen, es knüpft mithilfe des Deutschlandstipendiums auch erste Kontakte zur Wissenschaft, also zur Universität vor Ort. Mit der finanziellen Förderung wirkt das Unternehmen überdies auf die Gesellschaft der Stadt ein: Durch das Deutschlandstipendium haben die Stipendiatinnen und Stipendiaten zum einen mehr Freiraum für ihr Studium, zum anderen aber zusätzlich auch mehr Motivation für ihre eigenen gesellschaftlichen und sozialen Projekte, die wiederum in der (Stadt)gesellschaft wurzeln. Das heißt, das Deutschlandstipendium liefert hier einen doppelten Gewinn. Und ganz nebenbei gibt es den Unternehmen die Möglichkeit, sich jungen Menschen zu einem sehr frühen Zeitpunkt als zukünftiger Arbeitgeber zu präsentieren.

Ein Porträtfoto, auf dem ein lächelnder Mann im Anzug zu sehen ist.
Marc Heinbücher ist als Referent Fundraising für das Deutschlandstipendium an der Goethe-Universität Frankfurt tätig. © Uwe Dettmar

Herr Heinbücher, sprechen Sie als Referent des Fundraisings für das Deutschlandstipendium den Punkt Corporate Social Responsibility direkt im Zuge Mittelgewinnung für das Deutschlandstipendium an?

Marc Heinbücher: In der Fundraising-Kampagne setzen wir im ersten Schritt darauf, die Unternehmen bedarfsgerecht bezüglich der Kooperationsvorteile mit der Goethe-Universität zu informieren, woraus nicht selten eine direkte Begeisterung für das Programm resultiert. Im zweiten Schritt versuchen wir dann auch die Begeisterung für die gesellschaftliche Verantwortung, die mit dem Deutschlandstipendium einhergeht, zu wecken. Das heißt die Recruiting-Ambitionen der jeweiligen Unternehmen stehen erstmal im Vordergrund, Corporate Social Responsibility ist das zweite Argument.

Frau Sievers, Sie sind Leiterin der Stabsstelle Universitätsförderung an der Technischen Universität Kaiserslautern. Davor waren Sie bereits viele Jahre für das Fundraising im Deutschlandstipendium verantwortlich. Hat sich in den vergangenen Jahren etwas verändert bei der Ansprache von Fördernden? Ist Corporate Social Responsibility ein wichtigeres Argument geworden als vor zehn Jahren?

Carla Sievers: Bei den bestehenden und langjährigen Fördernden war das schon immer ein Thema. Nur, dass der Begriff Corporate Social Responsibility vor fünf oder vor zehn Jahren noch nicht so präsent war wie heute. Soziales Engagement als Argument für das Deutschlandstipendium hat immer eine Rolle gespielt, das muss in der Regel nicht neu vermittelt werden.

Herr Heinbücher, das Deutschlandstipendium ist fester Bestandteil der deutschen Hochschullandschaft. Welche Rolle spielt das Stipendienprogramm konkret für Ihre Hochschule? 

Marc Heinbücher: Da wird es uns wahrscheinlich so gehen wie den meisten anderen Hochschulen. Das Deutschlandstipendium ist ein integraler Bestandteil unserer Hochschule und zu einem Erfolgsmodell geworden. Es hilft uns im deutschlandweiten Hochschulwettbewerb um die talentiertesten Köpfe, denn es steigert die Attraktivität der Goethe-Universität: Die Chance ein Deutschlandstipendium zu bekommen, zieht vor allem leistungsstarke Studierende an. 

Frau Sievers, wie profitiert die TU Kaiserslautern vom Deutschlandstipendium?

Carla Sievers: Das Deutschlandstipendium hat eine gute Förderkultur an der Universität geschaffen. Die gab es vor dem Deutschlandstipendium, also vor 11 Jahren, so noch nicht. Zudem profitieren die Universitäten – nicht nur die TU Kaiserlautern – stark von dem universitären Miteinander: Viele Bereiche der Universität kommen in Kontakt, da sie durch das Deutschlandstipendium ein Thema haben, das sie verbindet. Nach der schriftlichen Bewerbung führen wir persönliche Auswahlgespräche durch. Daran sind Professorinnen und Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch die Universitätsleitung beteiligt. Das sorgt für ein tolles Miteinander und spricht für die Wertschätzung des Programms.

Herr Heinbücher, wie ist ihre Erfahrung, für welche Studienbereiche findet man besonders gut fördernde Unternehmen?

Marc Heinbücher: In den Bereichen, die jetzt gerade eine gesellschaftliche oder unternehmerische Relevanz haben. Momentan gilt das stark für die Themen Digitalisierung und Klimawandel. Die MINT-Fächer sind naturgemäß also sehr beliebt bei fördernden Unternehmen. Doch auch Wirtschafts- bzw. Rechtswissenschaftsstudierende werden gerade in größeren Unternehmen immer gebraucht. 

Und für welche Studienfächern würden Sie sich noch mehr Fördernden-Engagement wünschen? 

Marc Heinbücher: Mehr Engagement würde ich mir bei den fördernden Unternehmen für die Geistes- und Sozialwissenschaften wünschen, die bei uns traditionell mehrheitlich seitens Stiftungen und Privatpersonen Unterstützung erfahren. Für die privaten Fördernden ist die Förderung mit dem Deutschlandstipendium nämlich manchmal eine Möglichkeit, ihrer Leidenschaft für Fächer wie Kunstgeschichte, Archäologie oder Philologie weiter nachzugehen. Unsere Jobmesse „Karriere für den Geist“, die sich aus dem ideellen Förderprogramm der Goethe-Universität entwickelt hat, ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, dass sich auch unternehmerische Förderung den Geisteswissenschaften gegenüber offen zeigt.  Die Entwicklung dieser Messe wurde nicht nur von einem Mentor aus der Wirtschaft begleitet, sondern wird mittlerweile von vielen Unternehmen als Plattform genutzt und ist so erfolgreich, dass die jährliche Ausrichtung professionalisiert wurde und damit an eine Servicegesellschaft der Goethe-Universität übergegangen ist. Die Messe zielt darauf ab, dass Studierende und Unternehmen sich kennenlernen, miteinander ins Gespräch kommen und sich Job-Perspektiven eröffnen. Sie zeigt daher, dass es weniger auf den einen Studiengang ankommt als auf die Motivation und die Energie der Bewerberinnen und Bewerber.   

Wie profitieren auch private Fördernde (Privatpersonen, Stiftungen, etc.) selbst von dem sozialen Engagement, das sie mit dem Deutschlandstipendium leisten? 

Marc Heinbücher: Der größte Profit ist sicher die Dankbarkeit sowie der bereichernde Austausch, der sich fast schon notwendig aus dem direkten Kontakt zu den jungen, begabten Menschen ergibt. 

Carla Sievers: Das sehe ich auch so, die Stipendiatinnen und Stipendiaten melden sich an Jubiläen oder zu Weihnachten bei ihren Förderinnen und Fördern – generell findet viel Austausch statt.

Stand: April 2022