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Hochschulen sehen gesellschaftliche Verpflichtungen

Neben Forschung und Lehre haben Hochschulen eine Dritte Mission, nämlich die, den Austausch mit Gesellschaft und Wirtschaft zu fördern. An der Universität Hamburg übernimmt das die Transferagentur, die eng mit dem Deutschlandstipendium verknüpft ist.

Seit 2021 arbeiten Prof. Dr. Sabine Maasen, wissenschaftliche Direktorin der Transferagentur, und Dr. Andrea Schultze, Leiterin der Geschäftsstelle Deutschlandstipendium, eng zusammen. Wie es dazu kam und welche Synergien sich daraus ergeben – davon berichten sie in einem Interview.

Frau Prof. Dr. Maasen, was verstehen Sie an der Universität Hamburg konkret unter der Dritten Mission?

Wir sind eine Volluniversität, die schon immer Austausch und Wissenstransfer gefördert hat. Dies war bisher nur noch nicht so sichtbar. Zur Dritten Mission gehört zum einen alles, was mit Innovation und Gründungen zusammenhängt – von der Innovationsbegleitung bis hin zur Patentierung oder Ausgründung eines Start-ups. Ein zweites Standbein ist der Bereich „Life Long Learning“, also alles, was mit Weiterbildung, Karriere, Qualifizierung oder auch Zertifizierung von besonderen Aktivitäten zu tun hat. Drittens zählt gesellschaftliches Engagement inklusive kulturellem Engagement dazu. Da war die Universität Hamburg schon immer recht stark. Und viertens: alles auf dem Gebiet der ko-kreativen Forschung. Damit ist gemeint, dass die Interaktion mit der Gesellschaft nicht erst dann beginnen soll, wenn schon Wissen oder eine fertige Technologie da ist, sondern schon vorher eine Zusammenarbeit mit Forschenden stattfindet. Die vier Standbeine verstehen wir als ineinanderfließend.

Zwei Frauen stehen nebeneinander in einem Raum und schauen lächelnd in die Kamera.
Andrea Schultze von der Geschäftsstelle Deutschlandstipendium (links) und Sabine Maasen von der Transferagentur (rechts) kooperieren an der Universität Hamburg. © Universität Hamburg

Frau Dr. Schultze, wie kam es zur Zusammenarbeit von Transferagentur und Deutschlandstipendium?

Das Deutschlandstipendium innerhalb der Transferagentur zu verorten, stellt eine Besonderheit dar, denn üblicherweise ist das Deutschlandstipendium der Lehre zugeordnet. Dass man die Bereiche der Universität, die in irgendeiner Weise eine Brücke in die Gesellschaft bilden, zusammenfasst, ging von der Universitätsleitung aus. Von den vier genannten Feldern der Transferagentur gehört das Deutschlandstipendium seit 2021 zum Bereich gesellschaftliches Engagement. Mit dieser Entscheidung signalisiert die Universität: Bildung ist nicht ein Selbstzweck, sondern ein Beitrag für die Gesellschaft. Und in diesem Sinne stellt das Deutschlandstipendium – als eine veredelte Form von Ausbildung mit besonders guten Leuten, die sich häufig auch ehrenamtlich engagieren – einen ganz besonderen Beitrag der Universität für die Gesellschaft dar.

Frau Prof. Dr. Maasen, was versprechen Sie sich von der Zusammenarbeit mit dem Deutschlandstipendium in Hinblick auf die Dritte Mission?

Bisher hat sich die Universität Hamburg – genauso wie andere Universitäten auch – noch nicht so sehr als verantwortlicher Akteur in der Region aufgestellt. Das möchten wir mit der Transferagentur verbessern und die Hochschule noch stärker zu einer ansprechbaren Institution mit vielen Türen nach außen machen. Eine wichtige Tür stellt das Deutschlandstipendium dar, von dem wir viel lernen können: Die etablierte Kultur des Gebens und Nehmens betrachte ich als Chance, um die Interaktion zwischen Hochschule und Gesellschaft, die für die Dritte Mission entscheidend ist, voranzutreiben. Außerdem möchten wir das Deutschlandstipendium noch stärker mit den Bereichen der Transferagentur wie beispielsweise dem Career Center oder der Gründungsberatung verknüpfen, sodass Geförderte eine größere Spannbreite an Angeboten für ihren weiteren beruflichen Weg erhalten.

Frau Dr. Schultze, welche Rolle kommt Ihrem Netzwerk – bestehend aus Fördernden und Geförderten – zu?

Durch unser Begleitprogramm schaffen wir ein Netzwerk aus Hochschule, Studierenden und externen Fördernden. Das ist für alle immer ein Gewinn, weil darüber viele Kontakte geknüpft werden können. Stipendiatinnen und Stipendiaten können einen Fuß in die Hamburger Gesellschaft setzen und potenzielle Arbeitgeber kennenlernen. In Zeiten von Fachkräftemangel ist es natürlich auch für Unternehmen ein unschätzbarer Wert, wenn wir sie mit leistungsstarken, engagierten Studierenden zusammenbringen. Und wir lernen natürlich jede Menge externe Akteurinnen und Akteure kennen, die sich wirklich sehr engagieren – sei es aus Solidarität, aus Überzeugung oder aus so etwas wie einer generationenübergreifenden Verantwortung. Das tut der Hochschule und auch Hamburg gut.

Frau Prof. Dr. Maasen, warum ist das Deutschlandstipendium besonders gut geeignet, um Transformationsprozesse in der Gesellschaft zu begleiten?

Transformationsprozesse in der Gesellschaft verändern unter anderem die Idee davon, wen wir ausbilden wollen. Die Universität Hamburg hat mit den Deutschlandstipendiatinnen und -stipendiaten natürlich eine Gruppe, die durch besonderes Engagement auffällt und durch viele Fertigkeiten, die über das Übliche weit hinausreichen. Aber es stehen auch neue Rollenbilder an. Ich glaube, dass wir uns aus der Zeit der Spezialisierung herausbewegen. Wir brauchen eher Leute, die auf unbekannte Zukünfte vorbereitet und in der Lage sind, sich und ihre Arbeitswelt immer wieder neu zu erfinden und mitzugestalten. Da benötigen wir Menschen mit einem „offeneren Kopf“ sozusagen, und die finden wir zum Beispiel beim Deutschlandstipendium.

Frau Dr. Schultze, können Sie anhand eines konkreten Beispiels schildern, wie Ihre Zusammenarbeit mit der Transferagentur aussieht?

In der Zusammenarbeit stehen wir noch am Anfang. Es braucht erst mal eine gewisse Zeit, das Ganze zu strukturieren und in Gang zu kommen. Frau Maasen hat da ein unglaubliches Engagement vorgelegt und sehr viel Dynamik reingebracht. Im Sommer waren wir bereits mit einem gemeinsamen Stand beim Hamburg Innovation Summit, einer Messe für Start-ups. Wir wollen die Kooperation weiter ausbauen und uns auch bei den Informationsmaterialien stärker verschränken. Das hat auch schon gefruchtet, sodass wir gemeinsam ein Unternehmen aus der Logistik-Branche als neuen Förderer gewinnen konnten – für immerhin 14 Deutschlandstipendien.

Was hat die neue Verortung des Deutschlandstipendiums innerhalb der Universität bewirkt?

Prof. Dr. Sabine Maasen: Durch die Zusammenarbeit ist noch mal klarer geworden, was es bedeutet, dass an der Hochschule Studierende mit dem Deutschlandstipendium gefördert werden. Die Positionierung des Förderprogramms hat dadurch unbedingt gewonnen.

Dr. Andrea Schultze: Genau, innerhalb der Uni ist das Deutschlandstipendium sichtbarer geworden. Und wir sehen auch, dass die gemeinsame Ansprache nach außen – wie beispielsweise beim Hamburg Innovation Summit – viel effektiver ist, als wenn jeder seinen eigenen Stand und seine eigene Erzählung hat.

Stand: Dezember 2022